Stand 12. Juli 2004

Keine Formalitäten im Grenzverkehr mit der EU

Seit dem 1. Januar 1994 gelten für alle Länder, die der Europäischen Gemeinschaft (EU) angehören, die gemeinschaftlichen Zoll-Bestimmungen. Das ist ein dickes Buch mit vielen Paragraphen. Diese Bestimmungen gelten genau gleich auch für die neuen EU-Länder, die am 1. Mai 2004 in die EU aufgenommen wurden. Die Zoll-Bestimmungen regeln den Warenverkehr. In diesem Bereich sollte also alles einheitlich laufen. Bevor hier auf diese gemeinschaftlichen Zoll-Bestimmungen eingegangen wird, ist aber eine Vorbemerkung zum Unterschied Waren- und Personenverkehr nötig.

Unterschiede im Personenverkehr...

Im Personenverkehr gibt es nämlich keine einheitliche Regelung. Den Personenverkehr regeln die EU-Mitglieder unter sich gemäss Schengener-Abkommen. Die Schweiz dagegen regelt den Personenverkehr mit allen EU-Ländern in bilateralen Abkommen einzeln (wobei bei gewissen Staaten diese Regelungen beinahe dem Schengener Abkommen entsprechen können).

Für die Tschechei zum Beispiel braucht ein Schweizer Bürger nach wie vor den Pass zur Einreise, die ID genügt noch nicht. Was aber den Transport des Materials betrifft, kann er sich seit dem 1. Mai 2004 auf das vereinfachte Verfahren gemäss den gemeinschaftlichen Zoll-Bestimmungen der EU berufen, wie sie bisher schon im Verkehr mit Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich gegolten haben.

... einheitliche Bestimmungen für den Warenverkehr

Zwei Paragraphen, die Artikel 684 und 698, sind für Motorradrennfahrer ganz wichtig und nützlich. Sie besagen nämlich, dass zu Sportzwecken vorübergehend in die EU eingeführte Waren vollständig von Einfuhrabgaben zu befreien sind und kein schriftlicher oder mündlicher Antrag zur Einfuhr gestellt werden muss.

Und ein Rennmotorrad ist eine zu Sportzwecken eingeführte Ware. Zu Artikel 684 gibt es nämlich eine offizielle, erläuternde Liste. Sie ist als Anhang 92 aufgeführt. Dort werden unter Punkt "F" Motorfahrzeuge, speziell auch Motorräder, erwähnt.

Motorrad und Material formlos über die Grenze führen

Wichtig ist, dass nicht nur das Motorrad selbst, sondern auch alle andern Waren, die man zur Ausübung des Sportes braucht, unter diesen Artikel fallen. Also zum Beispiel Reifen, egal ob neu oder gebraucht, oder Werkzeug. Bei der Frage, wieviele Reifen man denn unter den Artikeln 684 und 698 formlos über die Grenze nehmen darf, ist gesunder Menschenverstand gefragt. Das Gesetz sieht vor, dass man nur soviel mitnehmen darf, wie man vernünftigerweise selber braucht. Waren, die man abgestützt auf Artikel 684 ins Ausland geschafft hat, darf man dort also beispielsweise nicht verkaufen.

Wichtig ist auch Artikel 698, Absatz 2: Wenn ein hoher Betrag an Einfuhrzöllen auf dem Spiel steht, wenden die Zollbehörden Absatz 1 nicht an. Absatz 1 besagt, dass zu Sportzwecken eingeführte Waren weder schriftlich noch mündlich beantragt werden müssen. Das heisst: Wer mit einem ganzen Sattelschlepper voll Material anreist, macht sich besser darauf gefasst, dass er mittels einer präszisen Liste nachweisen muss, was er alles über die Grenze nehmen will. (Das wäre das vereinfachte Verfahren gemäss Artikel 696, auf das hier nicht weiter eingegangen wird).

In der Liste unten könnt Ihr auf Artikel 684 und 698 klicken und den Text so ausdrucken, wie er im offiziellen Buch der gemeinsamen Zollbestimmungen abgedruckt ist. Das gleiche gilt auch für Anhang 92.

Präzisierendes Schreiben einer französischen Zolldirektion

Weil lange Zeit nicht klar war, ob man nun für Rennmotorräder trotzdem noch ein Carnet ATA braucht, hat der Schweizer WP-Importeur Max Urech bei der regionalen Zolldirektion von Franche-Comte (Frankreich) nachgefragt und sich die Anwort schriftlich geben lassen. Sie sagt ausdrücklich:

"Daher können die eingeführten Waren bei einem sportlichen Ziel, ebenfalls wie bei persönlichen Gegenständen von Reisenden, ohne schriftliches Gesuch oder schriftliche Genehmigung (Artikel 698 des Reglementes C.E.E. 2454/93) durch die temporäre Einfuhr-Regelung zur ganzen Entlastung der Gebühren und Taxen (Artikel 684 des Reglementes C.E.E. 2454/93) begünstigt werden."
Folglich braucht es für die temporäre Einfuhr von Sportgeräten aus der Schweiz kein Carnet ATA mehr, besonders im Anschluss für das Verbot von gewissen Sportarten in diesem Land (Moto-cross, Karts, etc.)."
"Diese Erleichterung ist ausschliesslich für die Reisenden (Besitzer von Sportgeräten) bestimmt, welche ihren Wohnsitz ausserhalb des Gebietes der Europäischen Union haben."

Schweizer brauchen also kein Carnet ATA mehr, um ins Ausland zu Renntrainings zu fahren.

Fahrzeugausweis gilt auch, wenn er annulliert ist

Natürlich muss jeder Rennfahrer bei einer Grenzkontrolle in der Lage sein, auszuweisen, dass das Rennmotorrad tatsächlich sein Eigentum ist und nicht erst im Ausland gekauft wurde. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, welche Papiere nötig sind, um diesen Nachweis zu erbringen. Selbstverständlich gilt jedes Zollformular (Bsp. CH-Formular 13.20A) als solcher Nachweis. Aber auch ein Schweizer Fahrzeugausweis ist gut genug. Und zwar unabhängig davon, ob er strassenverkehrstechnisch noch gültig ist oder ob er annulliert ist.

Das beiliegende Merkblatt des Bundesamtes für Polizeiwesen bringt Klarheit in diesen Punkt. Es besagt, dass ein schweizerischer Fahrzeugausweis alle erforderlichen Angaben enthält, wie es das "Wiener Übereinkommen" von 1968 verlangt.

Dieses Merkblatt nennt den Gebrauch eines annullierten Fahrzeugausweises zusammen mit einem Händlerschild als zulässig. Lasst euch dadurch nicht irritieren. Der annullierte Fahrzeugausweis ist als Nachweis gemäss "Wiener Übereinkommen" natürlich auch gültig, wenn man kein Händlerschild besitzt. Nur darf ein Fahrzeug, dessen Fahrzeugausweis annulliert ist, natürlich nicht mehr auf eigener Achse bewegt werden - es sei denn, der Lenker ist im Besitz eines Händlerschildes. Deswegen nennt das Merkblatt die Gültigkeit des annullierten Fahrzeugausweises im Zusammenhang mit der Verwendung von Händlerschildern.

Wer sein Motorrad aber im Transporter oder auf dem Anhänger über die Grenze schafft, braucht kein Händlerschild. Trotzdem genügt ihm der annullierte Fahrzeugausweis. Das Motorrad muss nicht eingelöst sein.

Die folgende Liste enthält fünf Texte, die Ihr Euch herunterladen und ausdrucken solltet. Macht Euch ein Dossier, das Ihr immer bei Euch habt, wenn Ihr mit Eurem Rennmaterial unterwegs seid. Wenn Ihr Probleme am Zoll habt, ist es gut, diese Unterlagen zur Hand zu haben.

Und noch ein Tipp: Statt mit einem Zöllner, der Euch nicht ohne weiteres passieren lassen will, zu streiten anzufangen, bittet Ihr ihn einfach, euch die Gesetzestexte zu erklären, die Ihr dabei habt. Das wirkt oft Wunder, denn Ihr anerkennt ihn so gleichzeitig als Fachperson und signalisiert doch, dass Ihr Euch mit dem Thema befasst habt und über die Rechtslage dokumentiert seid.

Sollte trotzdem irgend jemand ein Problem beim Grenzübertritt haben, bitte ich ihn, mir das mitzuteilen, damit ich diese Seite aktuell und korrekt halten kann.

franzscherrer@dplanet.ch